Logbuch - Sommertörn 2012


22.06.2012 bis 30.06.2012

Hindeloopen - Inverness

0 - 550 sm


Wahnsinns-Ritt

Freitag, 22. Juni - Ankunft beim Boot in Hindeloopen zum großen Schottland Törn. Erstmal heisst es gefühlte Tonnen von frischen Lebensmitteln zu stauen, dabei bewährt sich die Dusche als schöner Stauraum für Gemüsekisten. Außerdem ist natürlich auch wieder etwas zu reparieren, an einer Stelle dringt Wasser ein und muss repariert werden. Irgendwann ist das Boot aber tatsächlich startklar.

Samstag morgen ist durchaus Wind (5-6), entsprechend schnell ist die Schleuse Kornwerderzand erreicht, wo erstmal die Polizei an Bord kommt, und der Skipper ins Röhrchen blasen muss… Hinter der Schleuse wird der Lachs gebraten, es geht beim Mittagessen in ruhiger Fahrt nach Harlingen. Hinter Harlingen geht der Kurs allerdings deutlich mehr auf "am Wind", und es wird spürbar unruhiger…das soll bis Sonntag nachmittag so bleiben. Wir kreuzen durch die Fahrwasser nach Vlieland, und gegen 16:00 verlassen wir durch das Seegatt die Waddenzee…um gleich von heftiger See und Brechern begrüsst zu werden, die auch gerne mal ins Cockpit überkommen. Im tieferen Wasser auf der Nordsee wird das zwar etwas besser, aber eben nicht wirklich. Lyonesse bewältigt das alles ohne Probleme, was man von der Crew leider nur teilweise behaupten kann. 3 der 4 (inklusive Skipper) werden doch recht heftig seekrank, und die Pütz ist für einige Zeit der wichtigste Teil der Ausrüstung (ein Crew-Mitglied prägt den Ausdruck: TEAK - Toll Ein Anderer Kotzt). Dementsprechend weichen wir auch vom Speiseplan ab, das „Risotto mit Champignons“ passte irgendwie nicht so richtig zur Situation.

Wir kommen schnell voran, queren das erste Verkehrstrennungsgebiet und langsam zieht die Nacht auf. Seegang und Am Wind-Kurs kosten die Crew weiter einiges an Kraft. Nur "Lyonesse" kann nichts beeindrucken, und so sind wir im Morgengrauen schon in englischen Hoheitsgewässern. MorgenGRAUen trifft es ganz gut, es hat gegen 4:00 angefangen, heftig zu regnen, um der Crew nochmal die letzten Kräfte auszusaugen.

Aber…irgendwann am Sonntag gegen Mittag nimmt die Seekrankheit ab und sogar das Wetter wird besser, am Nachmittag scheint sogar die Sonne bis in die zweite Nacht hinein. Leider dreht der Wind gegen uns und ab ca. Mitternacht müssen wir motoren, Kurs Sunderland. Nachdem der Wind soweit auffrischt, dass Motoren gegenan zu anstrengend wird, beschliessen wir nach Whitby abzudrehen und zu segeln. Leider reisst der Genua-Traveller aus der Verankerung und so bleibt es beim Motoren unter Stütz-Groß, immerhin am Wind statt gegenan. 9:00 am Montag erreichen wir Whitby, die Stadt von James Cook und ein netter englischer Hafen, in dem man sehr gut liegt. Für den Rest des Tages ist Ausruhen, Duschen und touristisches Programm in Whitby angesagt. Wir kehren auch zum Speiseplan zurück, Johannes und Sebastian zaubern in der Bordküche eindrucksvolles Menüs.

Dienstag früh geht es weiter, Kurs Norden. Wir sind noch unentschlossen wie weit wir fahren wollen, es gibt mehrere passende Häfen. Als sich der Wind als erstaunlich gut erweist und "Lyonesse" mit über 7kn Richtung Schottland schiebt, beschliessen wir, gleich Peterhead anzusteuern, dass 190sm im Norden liegt und nochmal eine Nacht auf der Nordsee zu verbringen. Die anfängliche Sonne weicht leider schnell wieder tiefem Grau in Grau und Regen, aber der Wind bleibt konstant perfekt für unsere Pläne. Zeitweise mit mehr als 9kn segelt "Lyonesse" durch den Abend und die Nacht. Am Morgen ist es…grau…und dazu sehr diesig, so dass gegen 12:00 Peterhead erst kurz vor der Hafeneinfahrt aus dem Dunst auftaucht. Peterhead ist in Summe recht trostlos, die Ortsbegehung liefert trotz intensiver Suche keinen brauchbaren Pub. Aber es ist ein sicherer und tidenunabhängiger Hafen, in dem wir auch die ersten Segler treffen, die aus Norwegen rübergekommen sind. Insgesamt einfach cool: Wir sind in Schottland!!

Mittwoch ist Wind 5-7 angesagt und schlechte Sicht, wir fahren trotzdem raus.Die schlechte Sicht stimmt, man sieht fast den ganzen Tag nicht weiter als eine halbe Seemeile. Der Wind ist allerdings deutlich besser, es weht kaum mal über 4. Nach einem unspektakulären ... grauen ... Tag erreichen wir den Hafen von Buckie. War "Marina" für Peterhead schn etwas übertrieben, gibt es in Buckie nur die Hafenmauer in einem öligen und verdreckten Hafenbecken neben den Fischerköhnen. Was die Einheimischen aber nicht davon abhält, in diesem Becken lustige Schwimmspielchen zu veranstalten. Die treffen wir dann auch danach in einem recht eigenwiligen Pub wieder, in dem wir leider die Halbfinalniederlage der Nationalelf mitansehen müssen.

Donnerstag, letzter Segeltag auf dem Weg nach Inverness. Das Wetter ist nicht mehr durchgehend grau, aber schottisch durchwachsen wechselhaft. Den Wind erleben wir an diesem Tag wirklich aus allen Himmelsrichtungen und in allen Stärken von 2-6. Je weiter wir in den Moray Firth vordringen, umso dichter rücken die grünen, schroffen Küsten auf beiden Seiten an uns heran und bieten uns zusammen mit Sonne, Wolken und Regen ein tolles Schauspiel. Wir sind rundum begeistert und legen die Kamera kaum noch aus der Hand. Die letzten Meilen motoren wir, und obwohl wir nur 1h vor Hochwasser in den Inverness Firth einlaufen, ist die See dort noch immer kabbelig von den Gezeitenströmen – wie immer ziemlich beeindruckend, was die Gezeiten so können. Gegen 19:30 kommt die Brücke in Inverness in Sicht und nachdem wir leider beim Caledonian Canal wegen zu später Ankunft abgewiesen werden, liegen wir gegen 21:00 fest in der Inverness Marina.

Last but not least, die allerletzte Etappe am Samstag: kurze Überführung zum Clachnaharry Lock, wo wir vom freundlichsten Schleusenwärter der Welt gleich mit Namen begrüsst werden…man erwartet uns bereits, da wir bei der Malts Cruise angemeldet sind. Die ersten zwei Schleusen (tolle alte Dinger mit richtig viel Hub) und eine Swing-Bridge werden bewältigt und um 13:00 liegen wir fest in der Seaport-Marina im Caledonian Canal. Boot aufklaren und ein ultimatives Anlege-Bier trinken…die Damen-Crew kann kommen.

 

Georg